Ich schreibe einen Aufsatz, Argumentation. Sammle brav Pro und Contra, auf der gliedernden Liste dazwischen ein Strich. Fragestellung: „Ob unser lieber blauer Globus zu Neujahr nicht besser zu einem Haufen Staub, Asche und Scheiße zerfallen wäre“, Fragezeichen. Untertitel: „ 2015, du leckst mich jetzt bitte mal da, wo die Sonne nicht hinscheint“, Interpunktion. Die sogenannte Proseite ist lang und reich an Spiegelstrichen. Auf der sogenannten Contraseite: Wenig. Einsam, aber kampfbereit patrouilliert da ein Junge, läuft auf und ab über gähnende Leere, raucht Kette dabei, singt schief und flucht „Hurensohn“, während die Liste gedeiht gegenüber. Auf dem Strich in der Mitte ich, wie ein ungelenker Seiltänzer mit ausgestreckten Armen auf der Kugelschreiberspur, den Berg aus Gründen hinter mir und den Jungen im Auge, der bis hier oben nach Solero-Eis riecht, auch nach der fünfzigsten Kippe („Es waren heute nur vier“), und aufgeregt ist, immer noch, wenn ich nach unten schaue auf ihn und er nach oben auf mich und der schlechter ist mit Worten. Mein Text: Drei Worte. Seiner dann: „Auch“. Kein Redner, der, ein Krieger, stattdessen, schmeißt Bierflaschen nach Argumenten dafür, kampferprobt. Hat geübt, schon vor Jahren auf Parkplätzen, bis ihm ein Schlag die Zahnspange verbeulte. Kämpft jetzt in meinem Team, Team sogenannte Contraseite sollen wir heißen, und 2015 kann uns dann beide mal da, wo die Sonne nicht scheint.
Also deine Contra-Seite ist pro life und die Pro Seite will das Armageddon. Interessant. Ich glaube, der kettenrauchende Junge ist kein schlechter Verbündeter. Team Pro hat die besseren Argumente. Aber keine Bierflaschen. Ich drücke Team Contra die Daumen. An 2015 kann ich mich gar nicht mehr erinnern.
Ich kann mich immer an alles erinnern, es ist ein Fluch und ein Segen zugleich, nur wo ich meine Schuhe ausgezogen habe, das vergesse ich immerzu.
Team Contra gibt's nicht mehr, aber es waren gute Zeiten genug für eine Hommage.